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Notwehr - Die rechtliche Seite

Notwehr - Die rechtliche Seite

Werden wir von irgendjemand angegriffen, kann unser Handeln durch Notwehr (§ 32 StGB) strafrechtlich gesehen gerechtfertigt sein.

Der entsprechende Paragraph lautet:

§ 32 StGB
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwehren.

Also – was ist Voraussetzung, um sich auf „Notwehr“ berufen zu können?

Zunächst erst mal müssen wir uns in einer entsprechenden Situation befinden – die Notwehrlage, welche objektiv gesehen vorliegen muss.

Und da wären wir dann auch bei der ersten Bedingung, um uns auf „Notwehr“ berufen zu können. Ein Angriff, d.h. eine unmittelbar bevorstehende oder noch nicht abgeschlossene Verletzung eines Rechtsgutes; gleichgültig, ob der Angreifer sie will oder nicht; muss vorliegen. Welches Rechtsgut angegriffen wird, etwa die Gesundheit, die Freiheit, die Ehre, das Eigentum, gar das Leben etc., ist an dieser Stelle irrelevant.

Diese Notwehrlage muss aber, wie in Absatz 2 gefordert, gegenwärtig sein – heißt sie muss gerade stattfinden oder unmittelbar bevorstehen. Werden wir also an einem Abend vermöbelt, treffen am nächsten Abend den Angreifer wieder und vermöbeln dann unsererseits den "Angreifer", dann ist das keine Notwehr mehr, und somit natürlich rechtswidrig. Jetzt sind wir nämlich der Angreifer. Ist ein Angriff erst künftig oder nicht sicher zu erwarten, so ist eine Notwehr (noch) nicht möglich. Anders nur, wenn der Angriff unmittelbar bevorsteht. Auch muss der Angriff zum Zeitpunkt der Notwehrhandlung noch andauern, darf also noch nicht beendet sein.

Der Angriff muss allerdings von einem Menschen ausgehen, Tiere können –auch wenn sie als Waffe genutzt werden, indem sie auf einen gehetzt werden – nicht angreifen. In diesem Fall greift aber das „Herrchen“ uns an ... und das Tier dürfen wir natürlich trotzdem abwehren, wir wären dann aber ggf. aus anderen Gründen, wie etwa nach den §§ 34, 35 StGB oder 228 BGB, im Recht.

Wie ist es jetzt aber bei dem Volltrunkenen, dem seine Beine sichtlich nicht mehr gehorchen? Er hat sich nun trotzdem in den Kopf gesetzt, mich auf seinem Heimweg zu verpochen nur weil ich zufällig in seinem, zugegebener Maßen großen, Dunstkreis bin?

Natürlich, klarer Fall – Ich werde angegriffen! – Aber, da gibt es die so genannten „Schuldlos handelnden“, Volltrunkene, Kinder, erkennbar Geisteskranke, ihr Zahnarzt... – denen sollten wir besser, wenn möglich, ausweichen. Ein Angriff im Sinne des StGB liegt jedoch dennoch vor. Hier scheitert es aber an der fehlenden Gebotenheit der Abwehr, dh, es wird in diesem Fall geboten sein, auf eine Abwehr zu verzichten oder sich ohne ernsthafte Gefährdung des Angreifers zu verteidigen.

Die zweite Bedingung zur Rechtfertigung der Notwehr: - Der Angriff muss rechtswidrig, d.h. im Widerspruch zur Rechtsordnung stehend, sein. Bricht z.B. jemand in unsere Wohnung ein, dann dürfen wir uns natürlich dagegen wehren. Ist dieser Jemand aber der Gerichtsvollzieher, der, weil ich meine Rechnungen nicht bezahlt habe, sich gerade gemäß richterlichem Beschluss gewaltsam Zugang zu meiner Wohnung verschafft, dann sollte ich mich dagegen eher nicht wehren. Ich darf es gar nicht, da er zu einem solchen Handeln befugt ist. Stichwort – Widerstand gegen Vollzugsbeamte etc..

Auch Notwehr gegen Notwehr gibt es nicht. Greifen wir (ja wohl hoffentlich nicht!!!) jemanden an, so kann nur der Angegriffene sich auf Notwehr berufen.

Sind also diese beiden Grundsätze im Falle eines Angriffes – gegenwärtig und rechtswidrig – erfüllt, befinde ich mich in einer Notwehrlage.

Befinde ich mich tatsächlich in einer solchen Situation, heißt es schnell und präzise zu handeln – was eine vorherige Warnung an den Angreifer übrigens ausschließt – nach dem Motto: „Lass das oder ich hau Dich!“. Das brauche ich nämlich nicht zu tun – kann es aber! Beim Einsatz einer lebensgefährlichen Waffe z.B. muss idR der Einsatz gegenüber einem unbewaffneten Angreifer vorher angedroht werden.

Wie auch immer der Angriff aussieht – meine Reaktion muss angemessen sein! Heißt, meine Reaktion muss als Verteidigungshandlung erkennbar sein. Auch muss die Verteidigung überhaupt erforderlich sein. Dies bedeutet, dass sie nach der objektiven Sachlage nach den Verhältnissen im Augenblick des Angriffes und den gesamten Umständen geeignet sein muss, den Angriff zu beenden oder zumindest abzuschwächen. Zudem muss ich mit Verteidigungswillen handeln, wobei sich die Handlung gegen den Angreifer richten muss.

Und auch sehr wichtig; Meine Verteidigung darf ausschließlich nur ein Ziel haben, den Angriff abzuwehren. – Klarer Fall! Eine Verteidigung, die wissentlich und ausschließlich die Verletzung des Angreifers nach sich zieht, ist keine Verteidigung. Dabei darf grundsätzlich Schutz- wie auch Trutzwehr eingesetzt werden. Ich brauch also nicht nur sämtliche Schläge passiv abwehren, ich darf das unschöne Erlebnis auch kurz aktiv beenden.

Meine Verteidigung muss also im Verhältnis zum Angriff stehen. Brüllt mir jemand von der anderen Straßenseite aus ein beherztes „Du bist doof!“ entgegen (streng genommen ist auch das ein Angriff – gegen meine Ehre nämlich), ist es sicher keine Notwehr wenn ich dem Schreihals entgegen gehe und ihn niederstrecke. Die Abwehr sollte also nach dem Grundsatz erfolgen: Nur so viel wie unbedingt nötig und so wenig wie möglich! Auch darf meine Handlung dann nicht in einem unerträglichen Missverhältnis zwischen dem angegriffenen Rechtsgut und der durch die Verteidigung herbeigeführten Verletzung des Angreifers führen. Mit lebenslangen Dauerfolgen darf ich den Angreifer also nicht bedenken, wenn dieser mich einen „Doofen“ genannt hat.

So ähnlich verhält es sich im Übrigen auch dann, wenn wir jemanden provozieren. Haben wir jemanden solange gereizt bis er uns eine zimmert, haben wir nicht mehr das Recht uns aktiv zur Wehr zu setzen. Nun müssen wir uns natürlich nicht final vermöbeln lassen, aber in solchen Fällen dürfen wir uns nur noch passiv, also defensiv verteidigen – die so genannte Schutzwehr. Und das wäre dann das Ausweichen – oder Wegrennen. Zumindest dürfen wir uns nur noch mit größter Vorsicht verteidigen. Die Ohrfeige des Gereizten mit einem den Ohrfeigenden aus den Socken hauenden Fauststoß zu erwidern, sollte problematisch sein. Der Richter tut sich sicher schwer, uns hier das Recht auf Notwehr zu zugestehen.

An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass gerade an uns Kampfsportler hohe Anforderungen gestellt werden. Der Richter geht davon aus, dass wir die Wirkung der Schläge (ich sage nur: Bruchtest) kennen und uns idR zumutbar ist, bei einer klaren Überlegenheit besonnen auch in Angriffssituationen zu reagieren. Dennoch braucht niemand Angst zu haben, allein aufgrund dieser meist bestehenden körperlichen Überlegenheit im Nachgang zu Rechenschaft gezogen zu werden.

Ein weiteres Kapitel der Notwehr ist die „Nothilfe“. Wird eine andere Person angegriffen und wir helfen dieser, dann ist dies die Nothilfe. Wir sind verpflichtet, Opfern eines Angriffs zu helfen. Natürlich gelten auch hier die Grundsätze der Notwehr. Heißt – Auch hier muss der Angriff gegenwärtig und rechtswidrig sein. Und auch alle anderen zuvor genannten Regeln haben, im Fall der Nothilfe, ihre volle Gültigkeit.

Helfen wir nicht, obwohl dies erforderlich und für uns zumutbar ist, dann machen wir uns der unterlassenen Hilfeleistung strafbar. Die zu erwartende Strafe ist im Übrigen im Fall, dass die angegriffene Person jemand ist für den wir eine so genannte Garantenstellung haben (Aufsichtspflicht, nahe Verwandtschaft etc.) u.U. sogar wesentlich härter.

Erwähnt sei auch noch, dass die Nothilfe niemanden aufgezwungen werden darf. Sehen wir also jemanden dem gerade sein Auto unter dem Allerwertesten geklaut wird, und er lehnt unsere Hilfe kategorisch ab, dann brauchen (dürfen) wir nicht helfen. Allerdings sollte das wohl eher selten vorkommen.

Wie soll / darf die Nothilfe nun konkret aussehen? Grundsätzlich gelten – wie schon gesagt – die gleichen Prinzipien wie bei der Notwehr auch. Ich darf also alles dem Angriff angemessene tun, um diesen sofort und final zu beenden. Das allerdings nur im Rahmen meiner Möglichkeiten. Ich muss also nicht quasi mitprügeln oder mich in Manier eines Bodyguards zwischen die Fronten werfen. Die 50 kg wiegende Frau braucht also nicht versuchen, zwei jeweils 120-kg wiegende Schläger zu trennen. Ein Anruf z.B. bei der Polizei aus sicherer Entfernung, ist in vielen Fällen sicher effektiver. Mehr wird auch nicht von der Rechtsprechung verlangt.

Das ich mich im Fall eines Angriffs mit meinen eigenen Mitteln wehren darf ist klar. Ich darf es aber auch mit Dingen die mir nicht gehören, solange das für die Abwehr des Angriffs notwendig ist. Entreiße ich meiner Begleiterin die schwere, weil volle, Gucci-Tasche und strecke damit einen heranstürmenden Schläger nieder, dann kann meine Begleiterin nichts dagegen tun – sie muss es mir erlauben. Entweder besagte Begleiterin feiert mich später als Held, oder – sie stellt mir eine Rechnung über die Tasche. Das dumme an der Sache ist, ich muss diese Rechnung tatsächlich begleichen. Allerdings kann ich meinerseits die Rechnung an den Schläger weiterleiten. (Toll – was wird eigentlich, wenn der nicht zahlen kann? - Egal, Hauptsache wir leben noch!) Besser sieht es da mit den Sachen des Schlägers aus. Gehen die nämlich in Fetzen auf, braucht mich das nicht zu interessieren – und schon gar nicht bekommt er von mir Neue.

Auch darf ich prinzipiell andere und größere Sachen beschädigen, solange das für die Verteidigung notwendig ist – z.B. die Schaufensterscheibe eines Kampfsportgeschäftes, wenn ich darin einen Bo - Stab sehe der mir bei der Verteidigung gegen eine Horde wütender Schläger hilft. Zerschlage ich allerdings das Schaufenster des daneben liegenden Fleischers, um den Angreifern mit einer Jagdwurst entgegenzutreten, wird es sicher schwierig die Notwendigkeit plausibel zu erklären.

Allerdings werden die vorgenannten Fälle nicht unter der Notwehr, sondern etwa unter einem rechtfertigenden Notstand iS des § 34 StGB umfasst. Soll heißen - um bei unserem Beispiel mit der Jagdwurst und dem Bo-Stab zu bleiben. Streng genommen begehe ich, wenn ich die Schaufensterscheibe des Kampfsportgeschäftes zertrümmere und den Bo-Stab herausnehme mindestens zwei Straftaten - Sachbeschädigung und Diebstahl. Diese "Straftaten" werden aber nicht bestraft, weil ich mich eben in einer entsprechenden situation befinde.

Abschließend soll noch darauf hingewiesen werden, dass eine Überschreitung der Grenzen der Notwehr nur aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken zu einer Nichtbestrafung führt - aber nur dann!!! Es ist sicher schwierig einen Richter davon zu überzeiugen, dass man als langjähriger und erfahrener Kampfsportler aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken gehandelt hat.

Im Ergebnis soll jeder aber dringend versuchen, es überhaupt nicht zu konfliktgeladenen Situationen kommen zu lassen. Wenn es aber wirklich einmal nicht vermieden werden kann, dann kann eine Abwehr unter den vorstehenden Ausführungen vom Notwehrrecht gerechtfertigt sein.

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